Edition Lex Liszt 12
978-3-99016-224-8
Einen Gedichtband darf/kann/soll man nicht in einem Zug durchlesen! Das widerspricht dem Gedanken des Gedichtes an sich. Das soll man sich nach Möglichkeit auf der Zunge zergehen lassen, man soll – so verpönt das sonst sein mag – durchaus „Rosinen picken“: Also an einer Seite hängen bleiben, an einem Wort (totenbuch des universums) oder an einem Begriff, einem Ausdruck der schon längst vergessen, aus der „Mode gekommen“ ist (eichene waschtisch). Das alles erlaubt ein Gedichtband, wenn dieser, so wie der nunmehr vorliegende von Christl Greller, ein wenig aus der Zeit gefallen erscheint.
Da sind Gedichte, die so gar nicht dem Mainstream entsprechen, der erwartet – vorausgesetzt - wird. Denn, seien wir ehrlich zueinander, auch wir, die hin und wieder noch Gedichte lesen, was erfahren wir denn da, was wird uns alles als Gedicht „verkauft“?
Willkürliche Zeilenschaltungen, die eine Strophenform vortäuschen sollen, wo aber keinerlei Poesie vorhanden ist, unvollendete Gedanken, die womöglich die Anregung sein sollen, selbst nachzudenken? Alles das was uns immer wieder ärgert, all das vermisst der – ich gebe zu, konservative Leser und Rezensent – beim Rosinenpicken in Christls neuem Gedichtband. Erfreulich, so etwas noch zu lesen zu bekommen. Ja, es gibt sie schon noch die Dichterinnen und Dichter, die es können, ein Gedicht zu schreiben. Die wissen, wie Alltag auch in Poesie gebracht werden kann, ohne deswegen in die unerträgliche Befindlichkeitslyrik verschiedener Allerweltsschreiber zu verfallen. Christl hat es beispielsweise nicht notwendig, in ihrem „zyklus der totenlieder“ die unbeantwortbare Frage nach dem WARUM dem Herrgott oder anderen dunklen Mächten zu stellen. Sie lässt die Schatten hüfthoher Silberdisteln, sie lässt die Trauernden „gehen… und blicken zurück/über die Schulter, fragend:/werden wir uns wiedersehen?“ Selten haben Totenlieder soviel Trost und Würde in sich gespeichert! Allein schon deswegen, lohnt es sich, in diesem Gedichtband weiterzublättern und lesen. Wie schon eingangs gesagt: Das geht nicht in einem Zug! Das braucht Zeit! Und es ist dann eine Wohltat zu entdecken, was die Dichterin da alles an Kostbarkeiten (und auch an Köstlichkeiten) verborgen hat, welche Rosinen der neugierig gewordene Leser noch finden wird. Und der „Arme“ der keine Rosinen mag? Wir kennen alle jene Kinder, die beim Kuchen darauf bestehen „ohne Rosinen bitte“? Und auch jenen ist geholfen. Es sind auch genügend Bitterstoffe in der Lyrik von Christl Greller vorhanden. Sie scheut sich nicht, die heißen Themen der Zeit anzugreifen und plötzlich wird die allgegenwärtige Lichtverschmutzung zu eine Poesie der Moderne (urban night). Und vieles anderes!
Abschließend muss ich ein Wort dem Verlag zuwenden. Schon klar, dieser wird gemäß Einschaltung vom Bundesministerium für Kunst, Kultur, Sport und öffentlichen Dienst und dem Land Burgenland unterstützt. Aber das ist eine Förderung, für die sich niemand schämen muss, die jederzeit öffentlich gemacht werden kann und soll! Das ist gut, nein, bestens verwendetes Steuergeld!
Daher ein ungewöhnliches Danke an die Steuerzahler, sie sollen wissen, es gibt auch einen ehrlichen und vernünftigen Umgang mit ihren Geldern!
Vielleicht sind dadurch noch weitere
Leseerlebnisse wie der vorliegende Gedichtband von
Christl Greller möglich.
Hans Bäck
Europa Literaturkreis Kapfenberg
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