Montag, 13. Dezember 2021

Buchvorstellung: „Wehre dich deiner Haut“, Kurzgeschichten von Sigrid Uhlig

 

Engelsdorfer Verlag Leipzig
ISBN 978-3-96145-263-7

 

Wenigstens weiß ich jetzt, was es alles in der DDR nicht gab! Beispielsweise Rotwein-Werbung per Telefon mit anschließendem Vertreterbesuch, Vertragsveränderungen von Telefonanbietern, selbstständig agierende Pflegedienstleistungen, kompliziert zu bedienende Haushaltsgeräte und so vieles mehr. Dem österr. Rezensenten fällt erst beim Durchlesen dieser Kurzgeschichten auf, wie weit wir schon manipuliert werden, wie Verantwortung auf den Konsumenten abgeschoben wird. Gut, soweit die allgemeine Klage über die Auswüchse der Marktwirtschaft, die auch wir, die im Westen geborenen kennen. Nur, uns ist das mehr oder weniger in Fleisch und Blut übergegangen, manche der geschilderten Vorkommnisse regen uns nicht mehr auf, wir haben uns daran gewöhnt, können damit umgehen. Nun kommt eine Pensionistin der ehemaligen DDR daher und hält uns einen Spiegel vor. Ist ja nicht so schlecht, von Dritter Seite erzählt zu bekommen, wie wir beschissen werden, uns bescheissen lassen und noch Danke dafür sagen.

Diese Kurzgeschichten sind einerseits ein Hilferuf einer Pensionistin, die sehr wohl ein eigenbestimmtes Leben führen kann, sich in der Lage sieht, auf die geänderten Verhältnisse einzusteigen und trotzdem immer wieder an die Grenze der Zumutbarkeit gerät. Was ist nun zumutbar? Literaten haben ganz bestimmt die Aufgabe, ihren Finger auf Dinge zu legen, die sie nicht in Ordnung befinden, sie haben auch die Aufgabe, aufzuzeigen, welche Entwicklungen anstehen, was auf uns zukommt und einiges mehr. Sie haben aber sicher nicht die Aufgabe, die Welt  zu verändern. Dazu sind die Literaten nicht geeignet, davon sollen sie auch die Finger lassen.

Sigrid Uhlig legt ihre Finger sehr wohl auf Unzukömmlichkeiten unserer Gesellschaft, zwischen den Zeilen trauert sie immer ein wenig der alten DDR nach, in der einfach Verschiedenes nicht vorkam, nicht vorhanden war, nicht möglich war. Herrlich ist der versteckte Hinweis im Vorwort, dass die neue Gesellschaftsordnung, wie sie nun vorgefunden wurde, in den Lehrgängen für Marxismus/Leninismus genau beschrieben und interpretiert war. Also hatte der Real Existierende Sozialismus doch recht? Man ist versucht, der Autorin dabei zu folgen. Als unbefangener Leser – das ist auch ein nichtbetroffener – muss man schmunzeln, wenn die Autorin den Alltag im neuen Westen-Wunder-Land schildert. Wie gesagt, wir sind es gewöhnt, haben gelernt damit umzugehen, wissen an welchen Stellen man „Wirbel machen muss“. Und nun sind da die Pensionisten des Staates, der sich um alles gekümmert hatte, wo für die Menschen ganz wenig übrig blieb, um ihre Eigeninitiative zu entwickeln. Fahrstuhlprobleme, Reparaturarbeiten, Handwerker die nicht kommen oder nur ungenau arbeiten, Krankheiten, die plötzlich auftreten und behandelt werden, wo man eine freie Arztpraxis aufsuchen muss/kann/darf.

Heiterkeit, aber nur für den Nicht-Betroffenen Österreicher, Ärger, Wut, Kummer für die vielen anderen? Auch das, aber es bleibt ein nostalgischer Abgesang auf eine untergegangene Welt. Ob da jeder nachtrauert, das fragt sich der nach Lektüre ein betroffen zurückbleibender Österreicher.

 

Hans Bäck

Montag, 6. Dezember 2021

In eigener Sache

 Liebe Leser unseres Blogs,

aufgrund einer Mail mit schädlichem Inhalt ist mein Rechner defekt und musste ausgetauscht werden.

Die Umstellungen werden noch einige Zeit in Anspruch nehmen. Trotzdem kann ich ab heute wieder den Blog erreichen. Allerdings erscheint der Aventskalender nunmehr auf der Website des ELKK

Ich bitte um Euer Verständnis für die entstandenen Schwierigkeiten!

Die Blogredaktion:

R.Mermi

Donnerstag, 2. Dezember 2021

Adventskalender 2021 - 4. Advent


münchner advent I –

von Tasso J. Martens 2013

mein auge windet sich entgegen

dem strom fremder blicke

es reibt sich an einem grienenden ketchupmond

auf mandelbrot in goldlakritz verpackt

an mein ohr schrillen quengelnde kinderärmchen

greifen nach schmalzgebackenen tönen

nur erinnerungstaubheit in meinen gehörgängen

dimmt die qual gegen den strich

eine gruppe verharrender füße in stiefeln

hochhakigen pumps

mit glühweintassen an rotgeränderten wangen

signalisieren dem gehirn meine unpassende nüchternheit

hemmen den freien lauf meiner fröstelnden schritte

zwei frauengesichter in nerz und silberflittriger erwartung im haar

schleppen einen toten baum vom platz

mein männlicher instinkt notiert

das aufreizende lächeln der weißblauen kugeln

schmutzige finger strecken sich meiner hand entgegen

und leere schritte folgen dem einkaufswagen

über den giebeln der stern seiner ferne beraubt

singt fremdes lamettageklingel vom rathaussöller

gebratener duft nach heiligen äpfeln vom rost

überschiemelt die botschaft

 



Mittwoch, 1. Dezember 2021

Adventskalender 2021 - 3. Advent

 

 


 

 

 

 

 

 

kriege, terror, tod -

elend, seuchen, hungersnot :

was tun wir dagegen ?

der weihnachtliche segen –

kann er in uns erstrahlen,

wo menschen leiden qualen ?

 

wie soll uns friede werden

auf dieser heillos‘ erden ?

 

Manfred F. Kolb