Friedrich Hahn
„Die späte Frau“
(und andere Romangeschichten)
Edition Lex Liszt
ISBN 978-3-99016-220-0
Da hat nun wieder einmal einer zugeschlagen, bevor …
ja, bevor „man“ als Autor selber dazu kam, diesen oder jenen Sager, Spruch, oder Idee aufzuschreiben und zu verarbeiten. Friedrich Hahn kam zuvor. Was da in den Romangeschichten unter dem Sammelnamen „Weil es nicht darauf ankommt -oder Davon kann nicht die Rede sein“
aufscheint, das wäre Material für ein Dutzend Autoren und ihre Arbeiten. Aber so ist es nun, der frühe Vogel frisst den Wurm und Friedrich Hahn hat sich auf eine Fülle von Sätzen vorerst einmal das Copyright gesichert. Und damit beispielsweise einen Satz wie <Rituale.Von sich selber abschreiben ist sich selbst plagiieren. Die literarische Form des Selfies….> für jede weitere Verarbeitung, Verwertung durch Kollegen unmöglich gemacht. Was würde ich geben dafür, den Satz <ich traue zum Beispiel schon lange keiner Wiese mehr über den Weg. Wer weiß schon, worüber das Gras, das darauf wächst, wachsen hat müssen. Wer weiß schon, was da vertuscht, was unter den Teppich, den Rasenteppich gekehrt werden sollte> frei verwenden zu können. Leider, wie gesagt, Hahn ist zuvorgekommen.
Die beiden Teile des Buches mit den Romangeschichten, welche die Titelgebende „Die späte Frau“ einrahmen, sind eine Fundgrube für Menschen, die einen kleinen (aber ausgeprägten) Hang zur gepflegten Bösartigkeit, nein nicht so krass, aber ein kleiner Hang zur Boshaftigkeit ist in den Sätzen nicht zu verleugnen. Ist ja auch schön und gut so, man fühlt sich als Leser gleich direkter angesprochen.
Doch nun zur Geschichte, zur Erzählung, zum Beginn eines Romans, einer Novelle.Alles könnte daraus werden. Da bleibt so vieles noch offen, da würde man gerne weiterlesen, weiterdenken, weiterschreiben. Was wird beispielsweise aus dem Sauber-Mann Alois, der eine Steuernachforderung von 22000 Euro erhält, pumpt er seine neue Flamme Dora an? Wie geht es mit Alice weiter, der Tochter der verstorbenen Schwester, die nun plötzlich die Adoptivtochter der 67jährigen Dora ist. „Ja ich werde in meinem Alter noch Mutter“ was, wie reagieren die Schnepfen weiterhin auf die neue Rolle, die sich Dora angeeignet hat. So viele Ansätze für die nächste Geschichte, den Folgeroman.
Gerne gelesen, auch wenn der Autor mir auf der Seite 8 ordentlich in die Seite boxt oder einen verborgenen Tritt aufs Schienbein verpasst. Da wurde der Rezensent unwillkürlich an die Jahre erinnert, als der Neusprech aus der Bundesrepublik auf unser Österreich herüber schwappte: Wir erinnern uns, da kamen die Liegen, die Spüle usw. plötzlich und veränderten nicht nur die Kataloge der Einrichtungshäuser sondern auch unsere Gesprächsformen. Wer nun dachte, das sei vorbei, glücklicherweise blieb uns in dieser Zeit die Umwandlung des WC in hauptwörtlich gebrauchtes Zeitwort in der 1 Person EZ erspart, nein nicht vorbei! Lieber Friedrich Hahn musste das sein? Gleich nach dem herrlichen Spiel mit dem Sixpack vor dem Spiegel mit dem Sixpack Bier in der Hand folgt der Ort der Beschaffung: Die TANKE! Na, das tut weh! Da ist das „pusselige Befüllen“ des Tagesportionierer mit all den Pillen und Tabletten“ schon wieder harmlos. Aber der Autor tröstet den Leser, den Rezensenten anderseits wieder mit der konsequenten Verwendung von typisch österreichischen Ausrücken und Wortwendungen. So bleibt uns die Palatschinke erhalten. Gott sei Dank, und sogar wenn diese auf Wunsch der jungen Alice mit Nutella gefüllt wird. Das hat der Autor exzellent genau beobachtet. Ich kenne kein achtjähriges Mädchen, welches heute eine Palatschinke mit Marillen- oder Ribiselmarmelade haben möchte.
Seite 139: Der Traum war so groß, dass er den ganzen Raum ausfüllte. Ich würde sagen, das „Material ist so groß“, das daraus drei Romane entstehen könnten. So haben wir eine Romangeschichte vor uns, die eigentlich so richtig Spaß macht (trotz der Tanke auf Seite 8)
Hans Bäck