Dienstag, 31. März 2020

Buchbesprechung - Sigrid Uhlig: Sonnenblumengeflüster


Sigrid Uhlig
Sonnenblumengeflüster
Short Stories
Engelsdorfer Verlag Leipzig
ISBN  978-3-96145-864-6



Da flüstern sie also, die Sonnenblumen, aber nicht nur diese. Es geht querbeet – wie man in Deutschland sagen würde. Nicht nur die Sonnenblumen, auch die Moosmännchen, viele Tiere, vom Hund beginnend, der drei Beine hatte, bis zu den Ratten schließen eine geheimnisvolle Welt auf. Das ist nicht nur eine Welt der Kinder oder für Kinder. Da geht es manchmal ganz schon zur Sache, wird richtiggehend kriminell oder wie unser österreichischer Nestroy sagen würde: Kriminalisch!
Einblicke in das Leben der Autorin, versteckt zwischen einzelnen Überschriften oder in Kapitelinhalten. Man erfährt Verschiedenes dazwischen, mehr oder weniger nebenbei. Flucht fast noch als Baby, Verlust der Familie, Neuanfang DDR, Wende, Mauerfall, die gesamte 2. Hälfte des 20. Jahrhunderts schreibt in diesen short stories mit. Ist ja auch kein Wunder, was hat uns, die wir das erleben konnten, da nicht alles geprägt und beeinflusst. Sagen wir heute, „gut, dass es vorbei ist“ oder doch die andere Sichtweise „Nun so schlimm war es gar nicht, denn wer hatte jemals damit gerechnet, dass unerschütterliche festgefügte Kolosse so in sich zusammenbrechen würden!“
Das alles ist unsere Geschichte und die Autorin ist auch ein Teil dieser Geschichte. Ein wenig verschämt führt sie immer wieder – auch nun zwischen den Zeilen – ihr Alter an. Na und? Liebe Sigrid! In Ehren und gut alt geworden, das ist in unserem Zeitalter doch etwas! Da kann es schon passieren, dass die köstlichste Geschichte des gesamten Bändchens unverdient weit hinten eingereiht wurde: Heilloses Durcheinander. Ein Kabinettsstückerl des Spiels mit der Sprache.
Wen stört es, dass der Weihnachtsmann mit seinem Gefolge auftaucht, der Osterhase ebenso? Die Autorin beschäftigt sich seit Jahren damit, den Kindern in Ihrer Wohnstadt die Möglichkeiten zu eröffnen, selber zu schreiben (Die Hamster), sie hat auch in Kapfenberg bei ihren Besuchen in den Volksschulen immer wieder solche Schreibaktionen angeregt und begleitet. Und wenn es in der DDR - in dem Staat wurde sie immerhin sozialisiert, hatte die meisten Jahre ihres Lebens dort verbracht - kein Christkind sondern den Weihnachtsmann gab, so ist das der Gesellschaft zuzuschreiben. Ich weiß schon, wir in unserem barocken Österreich kämpfen (leider vergeblich)um weihnachtsmannfreie Zonen, wir wollen unser Christkind behalten!
Bei aller Liebe zu den Menschen, der kritische Blick auf die allzu menschlichen Seiten des Lebens, den erspart sie uns auch nicht.
Liebe Sigrid! Du hast uns da ein Kästchen eingelegt. Und aus deinen so geliebten Märchen, wissen wir, in so geheimnisvollen Kästchen kann unterschiedlichstes verborgen sein. Lieber Leser, geh auf Entdeckungsreise, Sigrid nimmt dich an der Hand und führt dich durch Länder, von denen du nicht gedacht hast, dass es die noch gibt – in der Literatur zumindest. Schön, diese Entdeckungsreise, wenn auch nicht immer dem Zeitgeist entsprochen wird dabei.


Hans Bäck

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