Samstag, 12. Januar 2019

Buchrezension:


Kay Ganahl (Hrsg.), Dagmar Weck, Dagmar Schenda

„Blicke auf Literatur und Leben“


Prosatexte, Gedichte, Essays, Autobiografisches
Shaker Media GesmbH
ISBN 978-3-95631-692-0


Wenn gute Freunde, liebe Kollegen ein Buch herausbringen, ist man als Rezensent gefordert. Erstens muss man, soll man alle persönlichen Befindlichkeiten hinter sich lassen, anderseits soll man/muss man auch die persönlichen Kenntnisse von einander berücksichtigen.
Und von da an wird es schwierig.
Ich versuche es trotzdem. Dabei will ich nicht in der Reihenfolge der abgedruckten Texte vorgehen, ich werde mich an den einzelnen Autoren abarbeiten und beginne gerne mit meiner lieben verehrten
Dagmar Weck: Sie ist mit vier Texten vertreten. Allen ist gemeinsam, dass die Frauen in diesen Texten ihre Probleme mit den Männern haben, es sind immer wieder dominierende Typen, die letztendlich gar nicht so stark sind und die Frauen dann sehr bald die Verbindungen kappen. Eine Geschichte (Zara undAngus) führt uns in ferne – nein gar nicht so ferne und unbekannte Welten, diese sind uns näher als uns lieb sein kann. Weck nimmt hier eine Zukunft vorweg, vor der uns eigentlich das Fürchten befallen sollte. Immer schon haben die Schriftsteller den Nimbus gehabt, als Propheten, als Verkünder von Unheil zu fungieren. Denken wir nur an die vielen geheimnisvollen – vor allem Frauen – in der Geschichte, die Wahr- oder Vorhersagten. Die Menschen in dieser Geschichte, man fragt sich von Zeile zu Zeile, sind das noch Menschen wie Du und Ich oder sind es schon totale Zombies? Dagmar Weck lässt dies offen, es unserer Beurteilung überlassen. Visionen, die nicht unbedingt erfreulich sind!

Dagmar Schenda: ist eine jener Doppelbegabungen, die man immer häufiger antrifft. Sie zeichnet, malt und entwirft das Cover für ihre Bücher selbst. Was stellt sie in diesem Band vor? Beginnt sinnvollerweise mit den Problemen jener, die plötzlich sich mit den Errungenschaften eines Bill Gates herumschlagen müssen. Im Klartext, wie es jedem geht, der sich mit Textverarbeitung, Word und anderen Geheimnissen der IT herumschlagen muss. (Fast) jeder hatte diese Erfahrungen selbst machen müssen, es gibt nicht so viele Glückliche wie den Rezensenten, der von Anbeginn mit Mac, mit Apple arbeiten konnte und daher diese Erzählungen eben nur aus der Sicht der Betroffenen kennt. Vielleicht eine Warnung, eine Anregung, an die vielen Software-Entwickler, einmal nachzudenken, was es mit der Forderung von STEVE JOBS und STEVE WOZNIAK auf sich hatte: Jedes Produkt, jedes Programm geht erst dann hinaus, wenn es auch die Oma versteht! Jedenfalls Dagmar hat diese Schwelle überwunden, im nächsten Text „Die Abenteuer von Papa“ schildert sie ihr Leben, vom Mädchen, dem der Papa die Geschichten erzählte bis zu jener jungen Frau, die nun diese Geschichten selbst erfand. Ein einsamer Gymnasiallehrer der ein kostbares Buch gefunden, das ihm wichtiger als alle Lebensfreuden war, junge Schülerinnen vermied er ebenso (war auch für ihn  besser) als Freudenmädchen, nur um das eine Buch ging es ihm. Auch in der Geschichte von Rosalinde, Kurt und Claude geht es vorrangig um Bücher, doch lässt die Autorin dabei ihre geheime Leidenschaft zum Durchbruch kommen. Was heißt geheime Leidenschaft? Wer die Homepage der Autorin anschaut, wird sehr bald über die „geheimen Vorlieben“ von Dagmar Schenda Bescheid wissen! Im abschließenden Text beschäftigt sich die Autorin mit den verschiedenen Bezeichnungen, Wörtern welche die menschliche Fortbewegung in der Literatur, in der Umgangssprache beschreiben.

Kay Ganahl ist der Wissenschaftler unter den drei Autoren. Jeder seiner Texte beschäftigt sich mit literarischen Problemen und Fragen: Unser ‚letztes’ Buch, strahlend, selbst sich auflösend, zerfallend, alles fließt, bewegt sich fort, wird unendlich. Natürlich, das Lesen ist für einen Büchermenschen wie Kay existenziell, dann muss er erleben, wie eine attraktive Nachbarin ein Buch ausborgt, noch dazu Kafkas Schloss, nur um vorzugaukeln auch sie habe ein Buch! Reflexionen über das Studium, Gedanken zum Lesen an sich, die Wandlung der Stellung des Schriftstellers in der Gesellschaft und damit ein Blick auf den „Literaturbetrieb“ früher und heute. Ein hochinteressanter Essay erkundet das Schriftsteller-Ich, autobiografische Notizen und viele andere Texte runden das Bild ab, das sich der Leser von Kay Ganahl danach machen kann.
Eine Fülle an Gedanken, Ideen, Einfällen. Man merkt, hier schreibt einer, dem das Herz, die Feder übergeht, den es danach drängt, endlich, endlich all das auszudrücken, was ihm am Herzen lag. Der Rezensent erlaubt sich einen kleinen bescheidenen Einwand: Weniger wäre mehr oder zumindest genug gewesen.

Es muss unheimlich schwierig sein, drei so unterschiedliche Autoren zu einem gemeinsamen Buch zu bewegen, was dabei zwangsläufig auf der Strecke bleiben muss: Der gemeinsame Rote Faden. So ist es eine Ansammlung von total unterschiedlichen Texten, die leider kaum einen Zusammenhang haben. Ich gebe zu, das wäre schwierig gewesen, doch bei einer anderen Auswahl der Texte beispielsweise der beiden Autorinnen, wäre der Literaturwissenschaftler Kay womöglich weitaus stärker zur Geltung gekommen. So wirkt seine Vermischung von Essay, wissenschaftlichem Beitrag und Short Story etwas willkürlich zusammengetragen.

Jedenfalls ein erfreuliches Lebenszeichen aus dem Kreis der Autoren des FDA NRW!


Hans Bäck

Kapfenberg (Österreich)

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