Sonntag, 20. Dezember 2020

Adventskalender: 20.12.2020 - 4. Adventssonntag

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Vorweihnachtliche Botschaft

von Friederike Krassnig

Versiegelt hat der Frost die Erde,

ein jeder Schritt

hallt so bedenklich laut,

aus Nebelfenstern,

die sich öffnen,

verstohlen dann die Sonne schaut.

 

Orakelhaft wird

diese kleine stille Welt,

durchbrochen oft von

einem Krähenschrei,

von einem Hund,

der in der Ferne einsam bellt.

 

Es ist Advent,

die Zeit des Wartens,

besinnungsvoll, gedankenschwer,

der Wald ein

übergroßer Schatten,

die Stadt ein grelles Lichtermeer.

 

Doch das Gefunkel

eines Sterns erobert

Licht und Dunkelheit

und öffnet aller

Menschen Herzen

für eine friedensreiche Zeit.

 

Samstag, 19. Dezember 2020

Adventskalender: 19.12.2020 - 21. Advent


 

 

 

 

 

 

Ein weihnachtliches Pamphlet

 von Reinhard Lackinger

      “In Kriegszeiten waren die Weihnachten besonders schön”, schrieb einst ein bekannter Österreichischer Buchautor, wenn ich mich an jenen Text recht erinnere.
     Daran dachte ich, als ich unlängst, im Internet surfend, den schwarzweissen Spielfilm “Das Fliegende Klassenzimmer” fand. Erich Kästner verstand es, die Not und die Demütigungen zu beschreiben, die einfache Menschen während der schlechten Zeiten erleiden, ertragen und erdulden mussten.
Not litt bekanntlich auch das hochheilige Paar. Der Hl. Josef und die hochschwangere Jungfrau Maria. Ausweglos, abgewiesen und obdachlos in Bethlehem.
     Siebzig Jahre nach dem letzten Weltkrieg scheinen wir an einem kuriosen Entzugssyndrom allgemeiner Bedürfnisse zu leiden. Die Zeit, als das Licht einer einzigen Kerze die Dunkelheit bezwang und uns die Stille Nacht rings herum anheimelnd vorkommen liess ist längst vorbei. Heute kann sich die Milchstrasse über die Menschheit ergiessen, ohne dass es uns auffällt. Wir beachten sie nicht mehr. Die Led-Lampen der Weihnachtsdekoration übertrumpfen längst den Schein des himmlischen Firmaments.
     Der Verhaltensforscher Prof. Dr. Shmuel Gefiltfish y Mazzes behauptet, es habe ein jeder von uns seinen eigenen und persönlichen Stern von Bethlehem. Wohin dieser uns führt, bleibt lange ungewiss, sagt er. Womöglich an die Grenzen menschlicher Kräfte. Andere Gelehrte meinen, es solle jeder täglich etwas Neues versuchen. Aber bitte nur keinen Hunger und auch keine ausweglosen Abenteuer. Dennoch müssen immer wieder Bergungskommandos ausrücken, um Extremsportler so heil wie möglich zurück auf die Ofenbank zu holen. Oder es strapazieren junge Ausreisser internationale Diplomaten, damit diese sie irgendwo am Ende der Welt in ein Flugzeug setzen und nach Hause verfrachten. Es soll jeder Weihnachten im Kreise seiner Lieben verbringen dürfen.
     Die Krippenfiguren, die uns die Kindheit hindurch erhalten blieben, gehörten gewissermassen zur Familie. Nicht nur die Heilige Familie, die Engel, Hirten, die Heiligen Drei Könige und sonstige Schaulustige, sondern auch die Tiere. Ochs und Esel im Stall, die Schafe.bei den Hirten und die Pferde und Elefanten der Weisen aus dem Morgenland.
Brave Vierbeiner, von Gott geschaffen, um dem Menschen zu dienen.
     Während mir nichts mehr zum Thema Advent und Weihnachten einfällt, zeigt mir das Facebook wieder so ein Video mit liebkosenden Pets. Es turtelt da nicht etwa Katze mit Katze und Hund mit Hund, sondern Löwe mit Gämse (1), Reiher mit Goldfisch und Katze mit Maus!
Ich verstehe die Welt nicht mehr! Wie können natürliche Feinde miteinander spielen? Wie ist es möglich dass Raubtiere mit ihren Opfern schmusen, anstatt diese ratzeputz aufzufressen?
Liegt es vieleicht daran, dass sie ihren Magen stets voll mit nahrhaftem Futter aus bunt schillernden Verpackungen haben? Verzichten Karnivore auf die Jagd, sobald sie satt sind? Trifft das auch auf den Menschen zu?
     Am bevorstehenden Heiligen Abend werden weltweit zwei bis drei Milliarden Menschen hungern und über den Hunger ihrer Kinder trauern. Oder sind es mittlerweile sogar vier der insgesamt sieben Milliarden Erdbewohner, die extreme Not leiden?
     Wie viele verzweifelte Individuen sind gerade unterwegs nach Lampedusa, oder versuchen sonst irgendwo den Futtertrog der reichen Industrieländer zu errreichen?

 Salvador 15.12.214
(1) Mit der durch die alberne Rechtschreibreform verschlechtbesserte GÄMSE habe ich mir nur einen Jux erlaubt! hehe

Freitag, 18. Dezember 2020

Adventskalender: 18.12.2020 - 20. Advent

 


 

Z’sammansein
Textumdichtung: Richard Mösslinger


(Nach dem Kärntner Lied von Grete Komposch: „Liegt da Reif in der Fruah“)

Kimmbt die Nacht z’fruah ban Tag
ih den Zuastand net mag.
Ih han’s lang schon entdeckt,
dass mih ‘s Finstersein schreckt.

Mag die Sunn, mag is Liacht,
hoff, dass Positiv’s gschiacht,
suach die Nächn zu dir
von der Nacht bis in d‘ Früah!

Grüaßn sih alle Leut
is der Tag voller Freud,
pumpert  ‘s Herz laut und lacht,
wal is Lebm just Freud macht.

Miteinander zan geh‘n,
deis waar unhoamlih schön.
‘s gaab koan Hass und koan Streit,
mei – wia schön waar die Zeit!


(Im Originallied ist das der Jodler!)

Aber deis spült’s halt nit,
d‘ Alltag tuat da net mit,
iader macht, was er wüll,
halt’t   bei weitm net stüll!
Holdarehodaroh,
holdarehodaroh,
iader macht, was er wüll,
halt’t  net stüll!

 

Donnerstag, 17. Dezember 2020

Adventskalender: 17.12.2020 - 19. Advent

 


 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Nur eine Rose als Stütze


Ich richte mir ein Zimmer ein in der Luft
unter den Akrobaten und Vögeln:
mein Bett auf dem Trapez des Gefühls
wie ein Nest im Wind
auf der äußersten Spitze des Zweigs.



Ich kaufe mir eine Decke aus der zartesten Wolle
der sanftgescheitelten Schafe die
im Mondlicht
wie schimmernde Wolken
über die feste Erde ziehen.



Ich schließe die Augen und hülle mich ein
in das Vlies der verläßlichen Tiere.
Ich will den Sand unter den kleinen Hufen spüren
und das Klicken des Riegels hören,
der die Stalltür am Abend schließt.



Aber ich liege in Vogelfedern, hoch ins Leere gewiegt.
Mir schwindelt. Ich schlafe nicht ein.
Meine Hand
greift nach einem Halt und findet
nur eine Rose als Stütze.



Hilde Domin (1909 – 2006)

 

Mittwoch, 16. Dezember 2020

Adventskalender: 16.12.2020 - 18. Advent

         

 

 

 

 

 

 

            Das Fräulein stand am Meere
           
Und seufzte lang und bang,

            Es rührte sie so sehre
            Der Sonnenuntergang.

            »Mein Fräulein! sein Sie munter,
            Das ist ein altes Stück;
            Hier vorne geht sie unter
            Und kehrt von hinten zurück.«


 
           Heinrich Heine (1797 – 1856)

 

Dienstag, 15. Dezember 2020

Adventskalender: 15.12.2020 - 17. Advent



 

 

 

 

 

 

 

 

Herbergsuche

von Josef Graßmugg

Die Heimat verloren

Das Leben bedroht

Glaube als Bollwerk

gegen die Angst

und gegen Verzweiflung

Aufnahme finden

in kargen Baracken

 

Und aus Baracken

werden Kirchen

Und aus Kirchen

wieder Heimat

 

Montag, 14. Dezember 2020

Adventskalender: 14.12.2020 - 16. Advent


 

 

 

 

 

 

 gedicht für eine fliege


unzeitig
(draußen fällt schnee)
ist in der stille
des nächtlichen zimmers
eine fliege erwacht

blau schimmernd
im gelben licht
einer reispapierlampe
surrt sie aufab aufab
vor bücherregalen

ja und
(so höre ich fragen)
was willst du uns sagen damit?

nichts nichts:
ich schreibe das auf
für die fliege

Kurt Marti (* 1921)