Samstag, 10. Dezember 2022
17. Advent 2022
Die Tasche
„Mutter, ich geh‘ dann mal, Hannes kann ich heute am Heiligen Abend nicht allein lassen, er hat nur mich“, Benedict nimmt seine große Tasche, „ein paar Geschenke bringe ich ihm.“ „Das hast Du im letzten Jahr auch getan, und im Jahr davor auch, Hannes kommt nie zu uns, er könnte ja mal kurz vorbeikommen, morgen vielleicht?“ Ins Herz trifft Benedict der kühle Blick von Mama Sophie.
Er betrachtet die goldenen Kugeln des geschmückten Weihnachtsbaumes und schaltet die Lichterkette ein. Benedict setzt sich auf die Couch. „Warum weinst du denn, mein Sohn?“ Sophie geht zu ihm, streichelt seine Wange. „Ach, Mama, ich freue mich auf die Weihnachtstage.“ Sein Gesicht erzählt etwas anderes. „Stimmt etwas nicht mit dir, Benedict?“ Der Sohn antwortet nicht.
Am späten Nachmittag verlässt Benedict die Wohnung seiner Mutter mit seiner großen Tasche, ihre rote Farbe fällt auf. „Hallo, Robert“, Benedict grüßt seinen älteren Nachbarn.” “Gehst du wieder zu Hannes, Benedict?“ Robert hat eine warmherzige Stimme, „ wenn du wieder hier bist, komm doch zu mir, ich bin heute allein.“
„Wie?“ Benedict zeigt sich völlig überrascht, „vielleicht, Robert.“ Weihnachtslieder hört Benedict im Hausflur, er kommt zurück in sein Wohnhaus. „Deine Mutter ist schon weggegangen, Benedict,“ Robert steht im Hausflur. „Ich weiß, darf ich gleich zu dir kommen, Robert?“ Robert lächelt ihm zu und nickt.
Dunkelrote Kugeln geben Roberts Weihnachtsbaum ein wohliges Zuhause, die strahlende Lichterkette erzählt, der Heilige Abend ist heute, Benedict, du bist willkommen. „Danke für die Einladung, Robert, Mutter ist wie immer bei ihrer Freundin, ohne dich wäre ich auch allein gewesen..“ Ich weiß, schön, dass du gekommen bist, ich bin in den letzten Jahren immer einsam gewesen an diesem Tag.“ „Oh, das wusste ich nicht.“ „Lieber junger Nachbar Benedict, wir kennen uns schon lange, was ist mit deinem Freund Hannes?“„Nichts, Robert, ihn gibt es nicht, meine Tasche war leer, Hannes habe ich erfunden, Mama und andere Nachbarn sollten nicht merken, dass ich keine Freunde habe, auch keine Freundin, nur Mama.“ „Das habe ich gemerkt“, Robert hat eine sensible Seite. Benedict lehnt sich entspannt in der Couch zurück, die neue Wahrheit macht das Leben wieder schön.
Dagmar Weck
Abonnieren
Kommentare zum Post (Atom)
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen