Wenn ein Kasten im Weg steht ...
Natürlich, für bundesdeutsche Leser muss der Kasten zu einem
Schrank werden, eh klar. Aber der Text der Birgit Birnbacher ist wirklich ein
Beitrag, der das Preisgeld – immerhin € 25 000,- wert war.
So, sie sind wieder über die Bühne gegangen, die 43. Tage
der deutschsprachigen Literatur, früher als Bachmannpreis bekannt. Und der
Hauptpreis wird noch immer - Gott sei Dank – nicht nur in der Verkehrssprache
als DER Bachmannpreis gehandhabt. Und das ist gut so und soll auch so bleiben.
Was sonst zu bemerken wäre?
Interessant ist, dass etliche so genannte arrivierte
Autorinnen/Autoren (und ab dieser Stelle schreibe ich nimmer gendergerecht) mit
Bomben und Granaten durchgefallen sind, sie kamen tw. nicht einmal auf die
Shortlist. Wobei die Bomben und Granaten eh sehr harmlos ausgefallen sind! In
einem Pausengespräch fragte ich einen Juror ob es womöglich eine Sprachregelung
gäbe, nach der die Jury einen Schmarrn keinesfalls als solchen bezeichnen
dürfe. Es wurde vehement verneint, doch blieben sie bis zum Ende sehr zahnlos.
Na ja, einzelne Wortmeldungen ließen erahnen, dass der Juror gar nicht
glücklich war mit einem vorgetragenen Text. Apropos Vortrag: Es stimmt schon,
im Vergleich zur Frühzeit des Bewerbes (immerhin bin ich seit 1984 fast immer
dabei gewesen), haben die Autoren ganz erheblich an ihrer Performance
gearbeitet. Bestimmt auch unter Mithilfe der Verlage und Agenturen, nehme ich
an. Wobei Performance natürlich einschließt, dass manche Lesenden mit einem
unerträglichen Pathos ihre Texte vortrugen! Da war es schon so, dass wir im ORF
Theater oder zu Hause beim Fernseher (3 SAT übertrug wieder live) auf die Uhr
blickten, wie lange das noch dauern würde.
Am Sonntag wurde in den Schlussinterviews mehrfach betont,
es sei „ein guter Jahrgang“ gewesen. Nun, es stimmt, es gab schon schlechtere,
doch sind immer noch Texte dabei, wo man sich als Zuhörer fragt, wie schafft
der das durch die Vorauswahl? Welche Kriterien spielen da wirklich mit, wen ein
Juror auswählt? (oder mit womöglich leichten Druck von Verlagen „vorschlägt“)
Interessant war festzustellen, dass seitens der Jury immer
wieder der Satz fiel „Die Geschichte kennen wir“ – ist die Literatur mit ihren
Themen wirklich am Ende und ist alles schon geschrieben? Ich glaube es nicht,
auch wenn manch Themenwahl anregt darüber nachzudenken. Beispiele gefällig? Nun
der an sich brillante Text von L. Fischer, der uns in die Kunst des
Fliegenfischens einführte. Aber es reichte durchaus für den
2. Preis!
Köstlich sind immer wieder die Wortspenden der Juroren, mit
denen sie ihre Beiträge würzen – und so
nebenbei mit ihrer Belesenheit glänzen. Bitte sehr, wenn diese sieben Damen und
Herren nicht in der gesamten deutschsprachigen Literatur (und darüber hinaus)
zuhause wären, wer denn dann!
Bespiele gefällig? „Die Erhabenheit ist eine Reaktion auf
das Unsagbare“ oder „Menschen, die immer Recht haben, schreiben schlechte
Bücher“
Adjektivorgien, ja das gab es auch noch! Ist anscheinend
nicht zu vermeiden!
Ganz kurz zu den Preisträger-Texten:
Birgit Birnbacher
„Der Schrank“,
Leander Fischer „Nymphenverzeichnis Muster Nummer eins mit
Goldknopf“
Julia Jost „Schakaltal“
Yannic Han Biao Federer „Kenn ich nicht!“
Der Publikumspreis fiel verdientermaßen an Ronya Othman für
ihren Beitrag „Vierundsiebzig“ über der Erleben des IS Terrors am Beispiel
einer jezidischen Familie.
Alles in allem, es waren trotz unangenehm tropischer
Temperaturen, spannende Tage, sowohl im ORF-Theater in Klagenfurt, als auch zu
Hause vor dem Fernseher!
Hans Bäck
Anmerkung der Reaktion
In Bayern ist ein Schrank ein Kasten - hier irrt der Autor (zumindest teilweise)!
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