Mittwoch, 7. März 2018

Schluss mit Billig!



Die Monatskolumne von Hans Bäck

Für die Schriftsteller gibt es dank der Interessensvertretung „IG Autoren - Österreich“ eine Honorarordnung. In der ist verbindlich festgelegt, welche Honorare Autoren bei Lesungen bekommen sollten.
Ein frommer Wunsch! Dabei sind diese Honorare lächerlich niedrig!
Man sollte meinen, dass gerade dort, wo Lesungen von öffentlichen Institutionen veranstaltet werden, das Einhalten der Richtlinien normal ist. Aber was ist in Österreich schon normal? Normal ist es jedenfalls, dass es kaum einmal Honorare gibt, die auch nur annähernd an die Sätze der IG Autoren herankommen.
„Ihr bekommt eh Subventionen“
oder
„Es gibt ja den Verkauf der Bücher“
und so weiter.
Man sollte wirklich überlegen, ob wir Autoren das Spiel mit uns noch machen lassen.
Es gibt ja nicht nur die Schreibenden, was ist mit den Bildenden Künstlern, den Musikern? Dürfen sie alle froh sein, ausstellen zu können, ihre Musik zu machen oder werden diese Kollegen anständig honoriert?
Anständig!
Kein Mensch käme auf die Idee, einem Gewerbebetrieb für eine Leistung, wie meinetwegen Beheben eines Wasserohrbruches in einem Kulturzentrum zu sagen, „du darfst anstelle einer Rechnung deine Firmentafel vor dem Gebäude aufstellen, dann sehen alle, wie du arbeitest“
Nur bei den Kunstschaffenden ist es selbstverständlich, sie schamlos auszubeuten:
„Die sollen froh sein, dass wir ihnen die Möglichkeit geben auszustellen, zu lesen, zu musizieren, ...“
Geschätzte Damen und Herren des institutionalisierten Kulturbetriebes, das ist im höchsten Maße unanständig!
Wenn vom Mitarbeiter des Wirtschaftshofes verlangt würde, in seiner Freizeit ohne Überstundenbezahlung im Veranstaltungssaal die Sessel aufzustellen, wäre der Personalvertreter in der nächsten Minute beim Bürgermeister, und keine Rede davon, dass dies gratis zu geschehen habe. Aber mit den Künstlern kann man so verfahren. Obwohl man vielleicht im Innersten weiß, das ist auch unanständig, nur da kommt halt kein Betriebsrat, keine Gewerkschaft.
Ja, was könnte die IG Autoren machen? Diese Veranstalter auf eine „schwarze Liste“ setzen? Wäre eine Möglichkeit!

Doch und hier wird es nun wirklich ärgerlich:

Die Betroffenen, die Künstler, die Autoren (die besonders), die Maler, die Fotografen, die Musiker (die noch am wenigsten), setzen sich nicht zur Wehr, sie gehen hin und lesen und stellen aus und arbeiten. In der Hoffnung, wenigstens mit einem Gulasch und einem Bier abgespeist, vielleicht im Rahmen der Eröffnung, Vernissage usw mit dem maßgeblichen Kulturpolitiker fotografiert und im Lokalteil der Zeitung veröffentlicht zu werden.
Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Wir unterlaufen selbst alle Bemühungen unserer Standesvertretung, für uns anständige Honorare zu vereinbaren, wenn wir immer wieder nachgeben. Ganz besonders arg wird es zu der Zweit, wo die Neuerscheinungen auf den Markt kommen. Da überschwemmen die Autoren die Wirtshäuser, Cafés, Buschenschänken usw. mit Lesungen aus ihren neuen Büchern, ohne nur daran zu denken, das angemessene und zustehende Honorar zu vereinbaren. „Weil man ja froh sein muss, das uns der Wirt die Möglichkeit gibt, bei ihm zu lesen.“ So die Standardausrede. Wir dem „Wirtn“, dem Veranstalter aber mit unserer Lesung zusätzliche Gäste bringen, die sonst nie kommen würden, daran möchte er (der Wirt) nicht erinnert werden.

Nein, keine weiteren Steine auf diese Veranstalter: Jedem Einzelnen sei Dank, wenn er seine Räume für Autoren oder Maler/Fotografen öffnet – wir müssen froh sein, dass es das gibt, denn wenn wir auf die so genannte Öffentliche Hand warten würden, dann ...

Was aber am Problem an sich, nichts ändert:
Es gibt die Honorarrichtlinien und kaum einer hält sich daran. Natürlich die viel gepriesenen Großschriftsteller, die lesen ohne Honorar überhaupt nicht und zu den Mindestsätzen der IG Autoren auch nicht – Recht haben sie! Nur wir kleine Würschteln, wir lassen uns mit dem berühmten Gulasch und Bier abspeisen – selber schuld sind wir aber auch!

Ich meine: Keine Lesung ohne das zugesicherte Honorar, das die IG Autoren für uns vereinbart hat! Wenn die Finanzpolizei mit Recht dahinter ist, dass die Billigarbeitskräfte aus Niedriglohnländern nicht bei uns arbeiten/pfuschen, so hat das auch für uns selbst zu gelten. Jede Autorin, jeder Autor, der sich nicht an die Vereinbarungen und Richtlinien unserer Interessensvertretung hält, ist unsolidarisch, ist unfair!
Und jeder Veranstalter, der von uns verlangt, unter den vereinbarten Richtsätzen zu lesen, handelt unanständig, beutet die Kulturschaffenden schamlos aus!

Ob es etwas hilft? Demnächst erscheinen wieder Bücher von Autoren, die froh sind, einen Verlag gefunden zu haben, der ihr Buch „machte“ und nun soll der Verlag auch noch Lesungen für den Autor organisieren? Ja, das soll er und das muss er auch, vertraglich meist vereinbart. Aber welcher Verlag irgendwo in den Weiten Deutschlands hat die Möglichkeit für seinen Autor aus den Gebirgen Österreichs eine Lesung zu organisieren? Seien wir ehrlich zu uns selbst, das wird es kaum geben, da müssen wir Autoren schon selber auch mit Hand anlegen. Unsere Lesungen organisieren, aber daran denken, solidarisch mit unseren Kollegen zu sein und Honorare verlangen!
Ein frommer Wunsch? Ich weiß, demnächst wird es die Lesungen wieder geben, wo eine Neuerscheinung in einem Hinterzimmer vorgestellt wird. Die Autorin, der Autor ist froh, wenn drei oder gar vier Bücher verkauft werden, denn immerhin, davon werden vom Verlag dann € 1,57/Buch angewiesen. Damit ist eine monatelange Arbeit im stillen Kämmerlein, mit unendlichen Korrekturarbeiten, Lektoraten und vorausgehenden Recherchen vollkommen und ausreichend bezahlt!
Kulturarbeit war immer schon Selbstausbeutung!

Ein heute, überaus grantiger

Hans Bäck

verabschiedet sich bis Ende März!

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